Medizinische Mythen fangen oft mit sinnvollen Beobachtungen an. Ob diese Beobachtungen aber wirklich der Situation des Pferdes entsprechen, ist eine ganz andere Frage. Tatsächlich haben unsinnige Informationen eine bemerkenswerte Fähigkeit, sich hartnäckig zu verbreiten, selbst wenn es gute Beweise dafür gibt, dass die Informationen unsinnig sind. Folgende Mythen über Pferdekoliken findet man bis heute weiterhin:
MYTHOS: Wenn das Pferd geäppelt hat, ist das Kolikproblem gelöst.
FAKT: Aus den letzten Abschnitten des Verdauungstraktes kann immer noch Kot ausgeschieden werden, auch wenn das Pferd weiter vorne eine Verstopfung hat, die sich nicht aufgelöst hat. Das Absetzen von Kot ist im Allgemeinen ein guter Hinweis auf die Darmmotilität, aber dein Pferd muss trotzdem gründlich untersucht werden, unabhängig davon, ob es geäppelt hat oder nicht.
MYTHOS : Wenn ein Pferd an eine Spezialklinik überwiesen wird, wird immer operiert.
FAKT: Die überweisende Klinik wird das Pferd erneut untersuchen und kann in der Regel umfangreichere Untersuchungen durchführen als vor Ort. Ein chirurgischer Eingriff wird nur dann vorgeschlagen, wenn er notwendig ist, um das Leben des Pferdes zu retten. Es gibt auch medizinische Behandlungen, die in bestimmten Fällen helfen können. Wichtig ist, dass dein Pferd unter ständiger Beobachtung steht.
MYTHOS: Mein Pferd ist zu alt für eine Operation.
FAKT: Studien haben bewiesen, dass das Alter allein keinen Einfluss auf das Ergebnis hat und kein Grund ist, eine Kolikoperation abzulehnen. Ein Besitzer ist vielleicht weniger bereit, ein älteres Pferd operieren zu lassen, weil er es für ungerecht oder aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll hält. Außerdem sind ältere Pferde möglicherweise nicht mehr versichert, so dass die finanziellen Mittel für eine Operation nicht zur Verfügung stehen.
MYTHOS: Wenn ein Pferd eine Kolik hat, muss man es in Bewegung halten und darf es sich nicht hinlegen oder wälzen lassen.
FAKT: Wenn das Pferd ruhig liegt oder steht, lass es in Ruhe. Wenn das Pferd unruhig ist und immer wieder aufsteht, sich hinlegt und versucht, sich zu wälzen, kann ein Spaziergang helfen, es abzulenken und zu beruhigen. In manchen Fällen können kurze Spaziergänge mit Unterbrechungen die Darmmotilität erhöhen und helfen, eine Krampfkolik oder Verstopfung zu lösen. Stundenlanges Laufen kann jedoch dazu führen, dass das Pferd erschöpft und in schlechter Kondition für eine Operation ist.
Wenn das Pferd jedoch so stark aufgeregt ist, dass es gefährlich herumtritt, solltest du nicht riskieren, dich zu verletzen. Lass das Pferd in Ruhe, bis Hilfe eintrifft. Wenn du nicht mit ihm spazieren gehst, solltest du es genau im Auge behalten.
MYTHOS: Paraffinöl wird die Verstopfung beseitigen.
FAKT: Paraffinöl kann zwar in bestimmten Fällen für die Anregung der Magen-Darm-Motilität verwendet werden, ist aber in keiner anderen Weise hilfreich. Es hilft nicht bei der Auflösung von Verstopfungen. Studien haben gezeigt, dass die nasogastrale Intubation (das Einführen eines Schlauches durch die Nase in den Magen) mit einer isotonischen Lösung (Wasser und Salze) die beste Methode ist, um das verhärtete Material aufzuweichen, damit es ausgeschieden werden kann. Die Aspiration von Paraffinöl in die Lunge kann zu einer Lungenentzündung führen, die tödlich sein kann. Nasogastrale Behandlungen sollten daher stets nur von einem Tierarzt durchgeführt werden.